Fotografien halten meist flüchtige Augenblicke fest. Die Welt wird mit dem Fotoapparat in Bruchteilen von Sekunden eingefroren. Fotografien zeigen immer einen zeitlich und räumlich begrenzten Ausschnitt der Welt.
Doch unsere Augen stehen nie still, sondern „tasten“ ständig die Umgebung ab.
Um dieser Fähigkeit des Auges gerecht zu werden, hebe ich mit meinen Fotocollagen den zeitlichen Stillstand eines fotografischen Augenblicks auf, indem ich das gleiche Motiv über einen Zeitraum von mehreren Stunden, Tagen oder auch Jahren fotografiere. Auch wähle ich nicht einen Bildausschnitt alleine, sondern zerlege das Motiv in kaleidoskopisch vielfache Bildsequenzen.
Anschließend setzte ich die Einzelbilder zu einer Collage neu zusammen und es entsteht meine persönliche Wahrnehmung der Dinge.
Durch die schrittweise Annäherung an das Endprodukt, die Fotocollage, entstehen ein Vielzahl von Aufnahmen, die „work in progress“ dokumentieren. Mit der permanenten Weiterentwicklung der Welt verändern sich auch meine Fotocollagen.
Die Zeitspanne der Herstellung meiner Fotografien ist lesbar. Verdoppelungen und Überlappungen zeitlicher Abfolgen von Sonnenuntergängen, Sonnenaufgängen, Tag und Nacht, Frühling, Sommer, Herbst und Winter finden sich gemeinsam in einer Collage.
Aber auch Menschen und ihr Handeln sind Parameter eines sich ständig verändernden Umfeldes.
Kapsch Am Europlatz/Research Lab
Die Dokumentation der Veränderung des städtischen Umfelds durch den technischen Fortschritt einerseits und die menschliche Präsenz andererseits sind Hauptthema meiner Fotocollagen. So wirkt der leere Raum im Forschungslabor von Kapsch wie eine fertiggestellte Schaltzentrale. Erst durch die Personen und vor allem durch die gleichzeitige Präsenz ein und desselben Menschen an verschiedenen Winkeln und Ecken im Raum wird deutlich, dass es sich hier ebenfalls um „work in progress“ handelt.
Nicht Stillstand, sondern ständige Weiterentwicklung ist das Thema.
Kapsch Am Europlatz
Ein anderes Beispiel ist die räumliche Veränderung unseres Wirkungsfeldes. Bei genauem Hinsehen der Collage Europlatz können wir das mittlere Gebäude vom Aufbau bis zur Fertigstellung begutachten. Die Plakatwand überdeckt das Baugerüst, das Geländer ist noch provisorisch und die Isolierung ist teilweise zu sehen. Aber gleichzeitig sehen wir auch das fertiggestellte Endprodukt, mit dem Wissen, dass das noch nicht alles war. Wer weiß, was für ein Aussehen der Platz in den nächsten Jahren haben wird.
B-Girls
In der Fotocollage B-Girls (Breakdance – Girls) thematisiere ich die Veränderungen des städtischen Umfeldes durch menschliche Interventionen, welche hier durch die Graffitimalerei an den Wänden der U-Bahn am Donaukanal sichtbar werden. Speziell das Graffiti zeigt für mich die laufende Umgestaltung von meist urbanen Orten, denn ohne, dass die KünstlerInnen je sichtbar werden, verleihen sie der Architektur ein sich ständig variierendes neues Aussehen.
Aber nicht alleine die Darstellbarkeit von Interventionen am Bau, sondern auch die Nutzbarmachung öffentlicher Orte ist Thema meiner Arbeit. So beschreibe ich das abwechslungsreiche Stadtleben durch sukzessive Betrachtung. Am Beispiel von B-Girls stelle ich also nicht alleine die subkulturelle Kunstform des Graffiti dar, sondern auch die Bewegung des Breakdance. So erscheinen in einem Bild immer dieselben Personen mehrfach. Die zwei B-Girls tanzen gleichsam von links nach rechts durch das gesamte Bild und vermitteln ein Gefühl räumlicher Ausdehnung. Der Platz wird aber nicht alleine durch Bewegungen von Körpern ausgefüllt, sondern es handelt sich hierbei im sprichwörtlichen Sinne um eine kulturelle „Bewegung“, die des Breakdance und die der Graffitikunst.
Schüttelhof
In den Fotoarbeiten Schüttelhof und Schüttelhof Nachbarn habe ich meinen unmittelbaren Wohnbereich über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren fotografisch dokumentiert. Regelmäßig fotografierte ich innerhalb dieser Zeitspanne aus dem Küchenfenster und so entstand ein sich ständig die täglichen Veränderungen zusammenfassender Ausblick auf den Innenhof. In den Fenstern gegenüber werden die unterschiedlichsten Lichtsituationen, Tages- und Nachtstimmungen sowie der Ablauf eines Jahres gemeinsam sichtbar. Aber nicht nur die jahreszeitlich bedingten Veränderungen werden deutlich, sondern auch menschliche Eingriffe tragen zu einer ständigen Umgestaltung des Blickfelds bei. So wie die Zeit die Objekte ständig verändert, verändert jeder neue Blick das gesamte Werk.